Ausgeträumt der Traum unserer Fußballnationalmannschaft, bei der Europameisterschaft 2016 das Achtelfinale zu erreichen. Die alptraumhaften Leistungen unserer „Kika“ lassen die Fußballnation traumlos zurück. Hier ein paar Gedankensplitter zum Ges(ch)ehenen:
Erkenntnis:
Eigentlich war die EM für uns schon nach einer Viertelstunde gelaufen, als sich Zlatko Junuzovic am Fuß verletzte. In der Folge erkannte man nämlich, WER im Team der Spielmacher, der kreative Kopf, der Ballverteiler ist. Tipp: Sein Vorname beginnt nicht mit „D“.
Bezeichnend.
… für das Auftreten unseres Teams bei dieser EM die Aktion von Makro Arnautovic gegen den Isländischen Tormann: Arnautovic läuft ihn blitzschnell seitlich an, spitzelt ihm den Ball weg, doch statt ihn nach dem nächsten Schritt ins Tor zu schieben, rutscht Arnautovic aus und die große Chance ist vertan …
Zuviel.
David Alaba hat man eine sehr gebrauchte EM angedreht. Dass er dann noch gefühlt in jedem 2. Werbespot zwischen den Spielen vorkam, für eine Bank, für ein Getränk, für ein Möbelhaus, dazu noch in den Teamspots, das war dann fast ein wenig zu viel alabaische Präsenz für mich. Vor allem, da seine Leistung in den Werbespots erheblich besser war als jene auf dem Platz!
Kurios.
Dass man bei einem Freistoß zwei oder noch mehr Schützen anlaufen lässt, um den Torhüter zu verwirren, ist eine gebräuchliche List. Aber bei einem Eckball?? Gesehen in der inferioren 1. Hälfte gegen Island. Ein österreichischer Rechtsfuß stand neben der Eckfahne zum Eckstoß bereit, dann kam noch Alaba dazu und dieser schoss dann auch den Eckball. Der andere stand dabei einfach außerhalb des Feldes und sah zu. Zugegeben, es war verwirrend, allerdings mehr für den Zuschauer!
Die starke Qualifikation I.
Wenn ich für jedes Mal, wenn „die starke Qualifikation“ von unseren TV-Moderatoren und -Experten („Mods&Exs“) bemüht wurde, einen Euro bekommen hätte, könnte ich mir jetzt locker manchen Luxus leisten. Z.B. eine Eintrittskarte für das Konzert am 5.8. im Stadtpark Imst vom kurzzeitig aus dem Ruhestand zurückgekehrten Ostbahn-Kurti. Für die Konsultation sind nämlich ambitionierte 57,00 Euro zu bezahlen! Da gehe ich lieber heute in dieselbe Location und sehe mir das Herbert Pixner Projekt an, für angemessene 35,00 Euro.
Die starke Qualifikation II.
Diese (die starke Quali) musste auch herhalten, um lt. unserer „Mods&Exs“ gegen Portugal ein Spiel "auf Augenhöhe" erwarten zu können. Die Realität war dann erschütternd. Aber selbst NACH dem Spiel für unsere Spieler nicht wirklich erkennbar. So sprachen alle von einer guten, Kapitän Fuchs sogar von einer starken Leistung! Dabei hatten wir es nur Riesendusel und einem hervorragend torhütenden Almer zu verdanken, dass wir einen Punkt geholt haben!
Die starke Qualifikation III.
Diese (die starke Quali) relativierte sich nach Abschluss der Vorrunde von selbst. Alle 3 Mannschaften, die aus unserer Qualifikationsgruppe den Sprung zur EM geschafft hatten, landeten in ihren Gruppen auf dem jeweils letzten Platz. Das wars dann wohl mit dem Mythos der starken Qualifikation. Und mit Rang 10 in der FIFA-Weltrangliste. Obwohl diese Platzierung (außer vielleicht ein paar „Mods&Exs“ und ein paar Spieler?) wohl niemand wirklich ernst genommen hat.
Spielerkritiken:
Robert Almer: bot eine gute Leistung, vor allem gegen die Portugiesen. Eine sehr gute Bewertung verhinderten seine Abwehrvorderleute (besonders in Person von Martin Hinteregger), die in der 1. Halbzeit gegen Ungarn seine fußballerischen Defizite immer und immer wieder gnadenlos mit unzähligen Rückpässen aufzeigten. Vermutlich befreite dann Teamchef Marcel Koller in der Halbzeitpause Hinteregger von dem irrigen Glauben, dass hinter ihm Manuel Neuer im Tor steht. Jedenfalls hörten danach die Rückpässe auf.
Aleksandar Dragovic: spielte eine seehr unglückliche EM mit seiner gelbroten Karte gegen Ungarn und dem verschossenen Elfmeter gegen Island.
Martin Hinteregger: zeigte, warum er sich in Gladbach nicht durchsetzen konnte, war oftmals zu langsam, zu behäbig.
Sebastian Prödl: bot wie seine beiden Innenverteidiger-Kollegen eine durchschnittliche Leistung. Der Einsatzwille kann keinem von ihnen abgesprochen werden, aber beim Spielaufbau nach vorne blieben alle drei doch sehr dürftig.
Florian Klein: steckte scheinbar noch der Abstieg mit Stuttgart in den Knochen. Hinten zwar solide, aber zuwenig nach vorne, strahlte wenig Selbstvertrauen aus.
Christian Fuchs: war zwar ambitioniert, blieb aber nach vorne auch eher farblos. Zog gegen Island viel zu oft in die übervölkerte Mitte. Allerdings war das Hinterlaufen von Arnautovic auch schwierig, weil dieser selbst viel zu oft mit dem Ball in die Mitte strebte.
David Alaba: erlebte leistungsmäßig wohl die schwärzesten Stunden seiner bisherigen Fußballerkarriere. Und er bewies der Welt und sich selbst, warum ihn Bayern München zurecht in der Abwehr und NICHT auf seiner Lieblingsposition im Mittelfeld einsetzt. War auf der Spielmacherposition von Junuzovic einfach überfordert und wurde gegen Portugal zurecht – als schwächster Spieler Österreichs – ausgetauscht. Dass er das selber nicht verstehen konnte, spricht allerdings nicht für seine Selbstreflektion. Vielleicht sollte ihm der ORF eine DVD des Spiels zukommen lassen …
Das soll hier kein „Alaba-Bashing“ sein, aber Tatsache ist, dass er bei der EM einfach schlecht gespielt hat. Er ist ein hervorragender Linksverteidiger, ein sehr guter defensiver Mittelfeldspieler, aber er ist definitiv (noch?) kein Spielmacher! Ohne einen starken Spieler neben sich (Junuzovic bzw. Ribery) kann er nur schwer glänzen. Die Bürde des Spielmachers (und des Superstars) war scheinbar zu groß für ihn.
Marko Arnautovic spielte wie immer sehr körperbetont, was er machte, hatte meist Hand und Fuß. Gegen Island verzögerte er aber immer wieder unnötigerweise das Spiel, ließ wieder ab und an ein bisschen „die Diva“ raushängen.
Martin Harnik stand komplett neben sich, wohl auch ein mentales Nachbeben des Stuttgarter Abstiegsdramas. Ebenso außer Form waren Mark Janko und Marcel Sabitzer.
Aber es war nicht alles schlecht:
Julian Baumgartlinger: stopfte wie eh und je viele Löcher, aber sogar er ließ sich ab und an von den anderen anstecken.
Stefan Ilsanker: bot zumindest gegen Portugal eine starke Defensivleistung.
Alessandro Schöpf: war der große Aufsteiger (und Aufgeiger) im Team, brachte nach jeder Einwechslung frischen Schwung ins Offensivspiel, war (neben Arnautovic) der einzige, der wirklich nach vorne zog, sich 1-zu-1-Situationen zutraute und auch mal einen Gegner überspielte.
Teamchef Marcel Koller: kann man wohl nicht für die übergroße Nervosität seiner Spieler verantwortlich machen, sehr wohl aber für die Aufstellung im entscheidenden Spiel gegen Island.
Wohlgemerkt: Der Gegner hieß Island und Österreich musste gewinnen! Und wir spielen erstmals mit 3 (!) Innenverteidigern, mit einer Fünferkette, dazu noch mit zwei Sechsern. Als Offensivspieler am Platz waren nur Alaba (der bereits gegen Portugal auf der Zehner-Position versagte), Arnautovic und der formschwache Sabitzer. Unser Spiel war dementsprechend.
Erst nach der Halbzeit brachte Koller dann die Formation, die man von Beginn an erhoffte, Alaba zurück auf die Sechs (wo er sich sichtlich wohler fühlte), den starken Schöpf auf die Zehn und nach vorne einen richtigen Stürmer, damit Flanken auch einen Sinn haben. Hätten wir von Beginn an so gespielt, wären wir jetzt vielleicht noch dabei. Aber hätti wari wäri…
Apropos hätti wari wäri
Was wäre wohl geschehen, hätte David Alaba nach 30 Sekunden gegen Ungarn statt an die Stange ins Tor getroffen? Wären wir dann noch dabei? Hätten wir dann die Leistung aus der „starken Qualifikation“ abrufen können?
„I wear narrisch“ in der kühlen nordischen Isländer-Version
Andererseits: Hätten wir gestern doch noch gegen Island gewonnen, wären wir halt spätestens am Montag gegen England ausgeschieden. Wer weiß, was uns da (in unserer derzeitigen Form) geblüht hätte … so gesehen hat das gestern eh gepasst. Außerdem wäre uns dann der Kommentar des isländischen Spielreporters beim isländischen 2:1 entgangen, gegen den der legendäre Edi Finger jun. (I wear narrisch) nur ein – ´tschuldige - Lärcherl-Schaas war!
Youtube-Link zum Torjubel des isländischen Kommentators
Das entschädigt für vieles! Und keine Sorge, scheinbar soll es ihm gut gehen.
Was immer er genommen hat, gebt es mir nie!! *g*
Zum Schluss noch – meine EM-Favoriten:
(nach dem Ausscheiden Österreichs und der Abwesenheit von Holland)
- mein Underdog-Tipp: Island (dann hätten wir auch eine wirklich gute Ausrede mehr, denn gegen den künftigen Europameister kann man schon mal verlieren!)
- unseren deutschen Freunden drücke ich immer ein bisschen die Daumen (und das ist NICHT ironisch gemeint!)
- mein sentimentaler Tipp: die Altherrenmannschaft aus Italien, die mich mit ihrem Spiel gegen Belgien begeistert hat
We will see.
„Und, geht es dir jetzt besser?“, höre ich dich fragen. In der Tat. Das Herausschreiben war Balsam für Seele und Gemüt. Ich freue mich jetzt (fast) schon wieder auf die kommende, hoffentlich wieder starke, WM-Qualifikation unserer Kika!