Ich bin ja bekennender Song-Contest-Fan. Darum hier ein paar kritische Gedanken zum Einreiseverbot für die russische Sängerin und weil die Söhne Mannheims am Wochenende ein Konzert in Innsbruck gaben, auch noch ein paar Zeilen zur wenige Tage dauernden Teilnahme von Xavier Naidoo beim letztjährigen Song Contest.
Keine Eier I – Ausschluss Russlands
Der Song Contest will ja eigentlich unpolitisch sein, ist das aber natürlich schon lange nicht mehr. Sonst hätte Conchita 2014 den Song Contest nicht gewonnen, sondern wäre wohl nur Zweite (hinter der Niederlande) geworden. Und die Ukraine hätte letztes Jahr ebenfalls nicht gewonnen und wir hätten uns das Theater um die russische Teilnahme heuer erspart.
Veranstalter Ukraine hat ja bekanntlich für die russische Teilnehmerin ein Einreiseverbot verhängt, weil diese auf der Krim ein Konzert gegeben hat. Und dabei über das Festland eingereist ist, was laut Gesetz verboten ist und blablabla. Die austragende EBU (European Broadcasting Union) hat „alles in ihrer Macht stehende“ getan, um eine Ausnahmegenehmigung zu erreichen. Ja, es wurde scheinbar sogar ein Brief verfasst, in dem man feststellte, dass man darüber „sehr wütend“ sei. Welche Drohung!
Wenn die EBU Eier in der Hose gehabt hätte, dann hätte sie gesagt, entweder es gibt die Ausnahmegenehmigung oder die Veranstaltung wird abgesagt! Dann hätte die Ukraine die Chance gehabt, ihr Gesicht zu wahren und unter dem Druck und im Sinne der Veranstaltung ausnahmsweise … oder eben nicht. Dann wäre die Ukraine aber nicht als Opfer, sondern als Täter dagestanden. Und ob sie das riskiert hätten …
So empfinde ich das Ganze als Farce und ein etwaiger Ausschluss der Ukraine NACH dem Song Contest bringt doch nur weiteren Ärger (und gestattet der Ukraine wieder die Opferrolle!).
Keine Eier II - Xavier Naidoo
Beim Song Contest 2016 sollte nach dem Willen des Norddeutschen Rundfunks (NDR) Xavier Naidoo für Deutschland antreten, was dieser auch wollte. Daraufhin brach im Internet ein sogenannter Shitstorm los. Dem Sänger mit durchaus unbequemen Meinungen wurde mitunter (meiner Meinung nach „alternativ-faktisch“) Rassismus und Homophobie vorgeworfen. Worauf NDR und ARD sang- und klanglos den Schwanz einzogen und Naidoo wieder ausluden.
Aussagen von ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber (lt. Kurier.at):
"Es war klar, dass er polarisiert, aber die Wucht der Reaktionen hat uns überrascht. Wir haben das falsch eingeschätzt"
"Die laufenden Diskussionen könnten dem ESC ernsthaft schaden" (Der ESC muss ganz andere Diskussionen aushalten, wie man heuer sieht!)
"Xavier Naidoo ist ein herausragender Sänger, der nach meiner Überzeugung weder Rassist noch homophob ist." (Sehe ich auch so, aber dann hättet ihr auch die Eier haben müssen, eure Entscheidung durchzuziehen. Traurig, dass da ein paar tausend (oder gar zehntausende) ? Shitstormer im Internet ausreichen, wobei meiner Meinung nach viele davon einfach nur mitgemacht haben, ohne zu wissen, wofür Xavier Naidoo überhaupt steht … ja, es könnte sogar sein, dass viele der Shitstormer wesentlich rassistischer sind, als der dunkelhäutige Naidoo … Shame on you, ARD!)
Trotz alledem freue ich mich natürlich auch heuer wieder auf eine tolle Show und drücke unserem (Tiroler) Kandidaten Nathan Trent die Daumen. Auch wenn der Song Contest durch die „Eierlosigkeit“ der EBU seine politischen Jungfräulichkeit nun auch offiziell endgültig verloren hat …