Ich mag ja grundsätzlich keine Kundenkarten, vor allem nicht bei meinen alltäglichen Käufen im Supermarkt. Es geht niemanden was an, was ich alles kaufe. Einzig Bipa war da bisher die Ausnahme. Doch die bisherige Bipa-Card ist nun ausgelaufen und soll jetzt durch die „JÖ-Karte“ ersetzt werden.
Welcome to the Club
Der „JÖ-Bonus-Klub“, der hinter dieser neuen Karte steckt, ist eine Tochter des REWE-Konzerns. D.h. Billa, Merkur, Bipa, Penny, Billa Reisen und viele Adeg-Kaufleute sind mit an Bord, dazu noch die Partner ÖMV, Libro, Pagro und Interio. Und mit der BAWAG sogar eine Bank, ein Vertragsabschluss wird dort künftig belohnt, jö! Weitere Partner sollen in Zukunft folgen. Bei all diesen kann man nun sogenannte „Ös“ sammeln.
JÖ, ein gläserner Mensch
Datenschutzbedenken weisen die „JÖ-Leute“ von sich: denn Kundendaten würden nicht an Dritte weitergegeben und die Partnerunternehmen sehen jeweils nur ihre eigenen Kundendaten. Aber es wird zugegeben, dass die Daten zusammengeführt und analysiert werden. Und allerspätestens damit ist die Sache für mich gestorben. OK, Kundendaten werden nicht weitergeben, aber was ist mit den daraus erstellten Profilen? Die sind doch das wirklich Wertvolle. Denn es ist beängstigend, was die berühmt-berüchtigten Algorithmen alles aus hundsgewöhnlichen Einkaufsdaten herauslesen können!
JÖ, ein kleines Beispiel von überm Teich
Ein wütender Vater stürmt in den USA zum Chef des Supermarkts seines Vertrauens. In der Hand eine Werbung über Babysachen, die seine Teenager-Tochter erhalten hat. Ob sie seine Tochter dazu verleiten wollen, schwanger zu werden, rief er entrüstet. Was er und auch sonst noch niemand wusste, seine Tochter WAR bereits schwanger. Die Algorithmen hatten das nur auf Grund des veränderten Kaufverhaltens von Lebensmitteln gefolgert und ihr diese Werbung zukommen lassen. Und das waren nur die Daten EINES Geschäftes, wie aussagekräftig sind die Daten erst, wenn es VIELE Geschäfte sind?
Jener Supermarkt hat übrigens aus der Beschwerde gelernt und versendet seine personalisierte Werbung nun weniger auffällig. Getarnt als zufällige Werbung, mit mehreren anderen Produkten zusammen.
Facebook
Nach ein paar hundert getätigten Likes kennen die Algorithmen von Facebook dich und deine Einstellungen besser als dein bester Freund, so eine kühne Aussage. Diesen Test habe ich mal im TV gesehen. Das Ergebnis weiß ich jetzt nicht mehr ganz genau, ich glaube, die Algorithmen hatten zwar nicht mehr, aber zumindest ähnlich viele Treffer, wie der beste Freund. Jetzt lass es mal über tausend Likes sein, dann sieht die Sache für den besten Freund vermutlich schlecht aus.
Brexit und Trump
Auch bei der Brexit-Abstimmung und bei der letzten US-Präsidenten-Wahl wurden ja unter anderem Nutzerdaten von Facebook (samt Daten aus einem Persönlichkeitstest) dazu verwendet, um kurz vor der Wahl „persönlich abgestimmte Werbung“ - böse Zungen könnten auch das Wort „manipulierend“ verwenden - zu versenden. Stichwort „Cambridge Analytica“. Die Ergebnisse sind bekannt: Es kam zum nie erwarteten „Ja“ für den Brexit und Donald Trump wurde US-Präsident. Letzteres ein Treppenwitz der Zeitgeschichte (hoffentlich wird’s nicht mehr!)
Fazit
Meine Einkaufsdaten bekommen die nicht. Zumindest nicht so billig, nicht für ein paar läppische „Ös“. „Je mehr du kaufst, umso mehr sparst du!“, wollen uns die ganzen Rabattangebote glauben machen. Ist das wirklich so? Oder ist es eher „Gier frisst Hirn“ und man kauft günstige Sachen, die man eigentlich gar nicht braucht, nur weil sie eben günstig sind und gibt dadurch am Ende gar mehr aus? Könnte vorkommen.
Und allen, die wieder mit dem Totschlagargument kommen: „Ich habe nichts zu verbergen!“ und ihre Daten fleißig teilen, möchte ich zurufen: „Du hast inzwischen auch nichts mehr, was du verbergen könntest!“