Unglaublich aber wahr! Das kleine Österreich hat mit Conchita Wurst zum zweiten Mal nach 1966 (Udo Jürgens forever!) den großen Eurovision-Song-Contest (ESC) gewonnen. Wie konnte das geschehen?


Bereits seit 1975 (erschreckend!) bin ich Fan des ESC. Ich mag dieses Spektakel einfach. Und so habe ich mir auch gestern den Bewerb reingezogen. Und dann das Spannendste, die Punktevergabe. Als wir zu Beginn nur einen Punkt bekamen, war ich schon etwas enttäuscht, als aber bereits die zweite Wertung mit 12 Punkten (Thanks to Greece!) endete, wurde ich hellhörig. Und als wir dann nach 12 Wertungen erstmals die Führung übernahmen … prickelnd! Nach 30 von 37 Wertungen lagen wir nur 13 Punkte vor Niederlande (Schwitz!), sollte sich das Blatt nochmal wenden? Aber dann kamen zum Glück fast nur mehr 12 Punkte für „uns“ …


Danke Russland!

Meiner Meinung nach war unser Beitrag nicht das beste Lied und Conchita war auch nicht die beste Sängerin, aber es war schon ein sehr guter Auftritt. Es hat einfach auch das Umfeld gepasst. Sehr geholfen haben meiner Meinung nach die homophoben Querschüsse, die im Vorfeld u.a. aus Russland abgegeben wurden. Viele wollten wohl auch ein Zeichen gegen die russische Politik, aber auch ein Zeichen für Toleranz setzen.


7 Points from Germany

Von Westeuropa, besonders von unseren Nachbarn, haben wir fast durchwegs 12, manchmal auch „nur“ 10 Punkte erhalten. Mit einer Ausnahme: Unser großer Bruder Deutschland gönnte uns nur 7 Punkte. Dazu muss man wissen, dass die Punkte eines Landes einerseits aus den Telefonanrufen der Zuschauer, andererseits von einer Fach-Jury vergeben werden. Als ich dann erfuhr, dass in der deutschen Jury ein gewisser Sido saß, war mir die Wertung klar. Er hatte sich schon 2011, als Juror der großen Chance, als Conchita-Gegner geoutet. Sein damaliger „Fach-Kommentar“ im Original: „Das Lied, das du da gesungen hast, finde ich sehr gut. Ich glaube aber, dass jemand anders das viel besser gesungen hätte als du.“ Ohne weitere Worte.
Aber keine Angst Sido, da wir – und vor allem der ORF – nicht nachtragend sind, darfst du auch bei der nächsten Staffel der großen Chance wieder den bösen Juror mit Herz mimen.


Bild.de

Aus Spaß habe ich gestern noch bei Bild.de in die Kommentare geschaut. Und war doch überrascht über die Viezahl an negativen, teils gehässigen Reaktionen. Man kann das Lied nicht mögen, man kann die Wurst nicht mögen, aber dass sie nicht singen kann, kann man wohl nicht behaupten (behaupten kann man es natürlich schon, nur ist es einfach nicht wahr).
Beispiele: Abgesang auf Europa, ich schäme mich ein Europäer zu sein, weg mit der Wurst, peinlich und niveaulos, „es ist einfach nur widerlich, was diese Wurst von sich gibt“, krank, pervers, usw. usf.


Lena Meyer-Landrut

Warum so gehässig, meine deutschen Freunde? Als Lena 2010 für euch den ESC gewann, war es doch ähnlich (sogar äußerlich – vom Bart mal abgesehen). Auch sie hatte nicht das beste Lied und auch sie war bei Gott nicht die beste Sängerin (das sage ich als Lena-Fan der ersten Stunde), aber es war das beste Gesamtpaket. Es war dieses Aschenputtelmärchen, das faszinierte. Drei Monate zuvor war Lena noch nie auf einer Bühne gestanden, war komplett unverbraucht, erfrischend und total authentisch. Ihr Charme und ihre Persönlichkeit waren ihr Erfolgsgeheimnis.
Und auch bei Conchita war es das Gesamtpaket, gutes Lied, gute Stimme, beeindruckende Performance sowie die passenden Umstände.


Starmanie Staffel 3

Interessantes Detail am Rande: Aus der 3. Staffel von Starmania (2006/07) kamen 3 der letzten ESC-Teilnehmer. Eric Papilaya (damals 5.) schied 2007 beim ESC leider bereits im Halbfinale aus (Endrang 27), die damalige Siegerin, die Tirolerin Nadine Beiler, holte 2011 immerhin den 18. Platz. Tom Neuwirth, jetzige Conchita, belegte damals bei Starmania den zweiten Rang hinter Nadine. Schon dort beeindruckte er als 17-jähriger mit seinen pathetischen Auftritten und outete sich während der Show als Homosexueller.


Schweißgebadet

Ich kann mir vorstellen, dass heute einige Verantwortliche schlecht geschlafen haben. Denn durch diesen Sieg findet der nächste ESC ja in Österreich statt. Nur wo? Und was das wohl kosten wird, wir wollen uns ja nicht vor Europa blamieren. Droht gar ein neues Sparpaket? Nun, das wohl hoffentlich nicht.


Fazit:

Im Prinzip sind auch meine Favoriten vorne gelandet. Wobei ich auch noch die Schweiz und Finnland sehr gut fand. Und Frankreich hat sich den letzten Platz beileibe NICHT verdient.


Zu Tom Neuwirth alias Conchita Wurst:

Als ich sie 2011 in der großen Chance zum ersten Mal in Kleid und mit Bart sah, war ich zugegebenermaßen auch ziemlich irritiert ob des Äußeren. Inzwischen habe mich aber mit der Kunstfigur Conchita Wurst sehr gut arrangiert.
Abschließend möchte ich Tom Neuwirth meine größte Anerkennung aussprechen, für seinen Mut, diesen Weg zu gehen und auch so konsequent durchzuziehen. Und ich gönne ihm diesen Erfolg von ganzem Herzen.

 

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